100km durchs Taubertal nach Wertheim

Ritter Thomas zu Rothenburg berichtet von 100 harten Kilometern:

„Einmal im Leben einen 100-Kilometer-Lauf finishen! Dass es dafür einer sorgfältigen Vorbereitung bedarf, war mir sehr bewusst. Deshalb bereitete ich mich seit Beginn des Jahres mit kürzeren Wettkämpfen, insgesamt sieben Marathons und zwei Sechs-Stunden-Läufen akribisch vor.

Mein großes Ziel verwirklichte ich am ersten Oktobersamstag beim „Taubertal100“. Die Wettkampfausrichter, die die Veranstaltung mit sehr viel Liebe zum Detail ausgestattet hatten, boten gleich mehrere Distanzen: 50 km, 70 km, 100 km, 100 Meilen bis 200 km. Noch während des Laufs war es möglich, auf längere oder auch kürzere Strecken zu wechseln. Zu einer Überraschung wurden diese Optionen von einigen Teilnehmern genutzt.

Warum fiel meine Wahl ausgerechnet auf „Taubertal100“? Die Anfahrt zum Startpunkt im malerischen Rothenburg o.d.T war für mich relativ kurz – außerdem fand der Lauf kurz nach dem 3. Oktober, also dem Feiertag statt. Somit gut zu verbinden als Anreisetag inkl. verlängertem Wochenende. Am Freitag war Startnummernausgabe angesagt und am Abend begrüßten die Veranstalter die Läufer mit einer Kartoffel-Party mit Drei-Gänge-Menü. Danach stimmte Dieter Baumann die Sportler mit seinem 90-minütigen „Lauf“-Kabarett über seine eigenen Erfahrungen eines 100’ers auf den folgenden Tag ein.

Und der begann in aller Herrgottsfrühe! Aufstehen war für mich um 4:15 Uhr angesagt, bereits eine Stunde später mussten meine Drop-Bags vor dem Hotel abgegeben werden. Die Beutel der 100-Kilometer-Aspiranten deponierte das Orga-Team an den Kilometerpunkten 17 und 70. Wer über eigene Betreuer verfügte, konnte sich an den offiziellen, in Fünf-Kilometer-Abstand eingerichteten Verpflegungspunkten ebenfalls versorgen lassen.

Vom Hotel aus ging es mit stimmungsvoll-lodernden Fackeln durch die noch dunkle Altstadt von Rothenburg. An einem Tor der gut erhaltenen Stadtmauer wurden wir Läufer von einer Königin und einem Ritter hoch zu Roß verabschiedet mit dem Auftrag, die nahende Hochzeit der Königin so schnell wie möglich in den Zielorten zu verkünden. Um Punkt sechs Uhr absolvierte der Läufertross, gut ausgerüstet mit Stirnlampen, die erste Stunde bei leichtem Nieselregen und etwa 7 Grad Celsius.

GPS-Tracker lieferten Begleitern und weiteren Interessierten ständig die neuesten Infos über die „Standorte“ der Läufer. Mein Gerät blinkte zwar ordnungsgemäß, war aber defekt und nicht reparabel, was mir allerdings erst beim ersten Zwischenziel bei 50km mitgeteilt wurde. Ich entschied mich natürlich weiterzulaufen – wohl wissend, dass meine Begleitung mich nie online sehen würde. Glücklicherweise hatten wir bei uns erstmals bei Kilometer 55 verabredet und trafen uns auch.

Bei Kilometer 17 erwartete mich der erste Beutel – ein sehr sinnvoller Punkt. Hier legte ich Lampe und überflüssige Kleidung ab, ehe ich wieder auf die Strecke ging. Bis kurz vor Kilometer 65 lief es für mich recht gut. Mein angestrebtes Zeitziel von unter zehn Stunden erschien durchaus realistisch. Allerdings spielte ab Kilometer 65 mein Magen nicht so mit wie erhofft. Außerdem musste ich büßen, weil mir aus den letzten sechs Vorbereitungswochen – unter anderem wegen Plantarfaszienproblemen und Hexenschuss – einige Trainingskilometer fehlten. Notgedrungen drosselte ich meine Geschwindigkeit ein wenig. Einigermaßen akzeptabel ankommen war für mich nunmehr das Gebot der Stunde.

Das Ziel in Wertheim rückte in greifbare Nähe. Weil ich die Strecke einige Jahre vorher mal mit Rennrad abgefahren war, wusste ich, dass noch ein paar kleine Steigungen kommen. Insgesamt zählen die 100 Kilometer mehr als 530 positive und über 730 negative Höhenmeter. Tendenziell führt sie also leicht bergab, was mir meine vorderen Oberschenkel später klar signalisierten. Trotzdem liefen die letzten 15 Kilometer zum Teil wieder etwas schneller. Die äußeren Bedingungen waren ideal. Während des Laufs blieb es überwiegend trocken bei einer Maximaltemperatur von etwa 13 Grad.

Beim Zieleinlauf wurde es dann emotional. Sowohl bei mir, denn ich hatte es tatsächlich geschafft, als auch bei meiner besseren Hälfte. Wegen des defekten GPS-Trackers wurde ich vom Zielansager ignoriert, obwohl ich von Weitem gut zu erkennen war. Da ergriff meine Begleitung kurzerhand die Initiative und ich erhielt spontan eine super Zielansage inklusive Nennung des MTV Kronberg von ihr. Mit einer Zeit von zehn Stunden und 27 Minuten gelangte ich als zehnter Mann insgesamt und Zweitplatzierter der M55 ins Ziel.

Natürlich gab es eine schöne Medaille und noch eine besondere Ehrung. Jeder Finisher wurde von dem Paar, das uns am frühen Morgen in Rothenburg auf die Strecke geschickt hatte, zum Ritter geschlagen. Einziges „Problem“: Dafür musste man(n) niederknien. Was mit brennenden Oberschenkeln durchaus eine Herausforderung war!“

 

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